Ein Fest der Lebensfreude
Winzer lassen eine lange Durststrecke hinter sich
Einige sind tiefrot, fast schon schwarz, andere funkeln gelb oder orange. Manche prickeln, manche nicht, manche trinkt man mit Eis, mit Strohhalm oder mit Orangenscheibe. Wein und Sekt in sämtlichen Variationen hat es am Sonntag in Keltern gegeben, aber nicht nur: Auch Bier, Erdbeerbowle, Sangria, Alkoholfreies und ein reichhaltiges Speisenangebot von Maultaschen bis Spießbraten sind beim Weinblütenfest geboten gewesen. Mitten in den Weinbergen hatten die örtlichen Winzer sechs Stände aufgebaut – und mussten nicht lange auf Besucher warten. „Wir dürsten nach Wein, nach Geselligkeit und nach schönen Tagen im Freien“, sagt Bürgermeister Steffen Bochinger, der sich nicht nur über die vielen Veranstaltungen in diesem Jahr freut, sondern auch schon jetzt auf die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Gemeinde Keltern in zwei Wochen. Das Weinblütenfest versteht er als Auftakt und betont: „Wir sind froh, dass wir unser Jubiläum gebührend feiern können.“
Auch Weinkönigin Nadine Schmid strahlt über beide Ohren. „Ich freue mich, viele Leute wieder zu sehen und einfach einen schönen Tag zu haben“, sagt sie: „Es klappt alles, jeder ist gut vorbereitet.“ Das Weinblütenfest habe für Keltern eine große Bedeutung und sei auch und gerade durch die in den Weinbergen verteilten Stände „etwas ganz Besonderes“. Es biete „eine super Gelegenheit“, mit den Winzern ins Gespräch zu kommen und den aktuellen Jahrgang zu probieren. Dass es am Sonntag um die 30 Grad hat und die Sonne vom Himmel brennt, findet Schmid nicht schlimm. Im Gegenteil: „Für den Neustart kann man sich nichts Besseres vorstellen.“ Eine Einschätzung, mit der sie nicht allein ist. „Wir freuen uns, nach fast drei Jahren mal wieder feiern zu dürfen“, sagt auch Melanie Frank von Kelternwein, die erklärt, alle seien „Gastgeber durch und durch“ und hätten eine lange Durststrecke hinter sich. Frank blickt optimistisch auf das Weinbaujahr 2022.
„Wenn alles kommt, was draußen hängt, dann wird es ein richtig guter Herbst.“
Aktuell seien die Trauben mitten in der Blüte, in 100 Tagen werde geerntet. „Wir beten, dass wir keinen Hagel kriegen und keinen zu feuchten Sommer.“ An ihrem Stand gibt es neben heimischen Weinen, Winzersekt und Seccos auch Gutes aus der Küche, zubereitet vom Königsbacher Restaurant Badischer Hof.
Der Stand des Dietlinger Obst- und Gartenbauvereins ist der einzige, an dem es auch Bier gibt – und Kuchen, den die Landfrauen selbst gebacken haben. Für den Verein ist es in diesem Jahr schon das vierte Fest, an dem er sich beteiligt, mit elf Helfern, die alle ehrenamtlich im Einsatz sind. „So ein Fest schweißt zusammen und stimmt ein auf das Jubiläum“, meinen die Beisitzer Johannes Rischar und Tim Appich, die von einem „tollen Event“ sprechen und davon, dass in Keltern eben „immer etwas los“ sei.
Auch beim Weinblütenfest gibt es viel zu entdecken – erst recht, wenn man mit Wolfgang Mayer auf Tour geht. Bei einer Führung erklärt der Hobbywinzer viel Wissenswertes über den Weinbau, den einst die Römer nach Keltern gebracht haben. „Wein lebt vom Boden“, unterstreicht Mayer und sagt, in Keltern habe man Glück, denn dort gebe es einen Verwitterungsboden mit „hervorragender Mineralisation“. Er muss es wissen, denn er ist in einer Winzerfamilie groß geworden, war „von Kindesbeinen an im Weinberg“ und hat seinen Eltern immer beim Weinbau geholfen. Gestört hat ihn das nie. „Es war auch ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden.“ Immer wieder hält er bei seiner Führung durch die Weinberge an, um die Teilnehmer mit Informationen zu versorgen. Unzählige Besucher sind auf den asphaltierten und geschotterten Wegen unterwegs, die meisten zu Fuß, einige auch mit dem Fahrrad. Aber es geht auch bequemer: mit dem Shuttlebus, der an jeder Station Halt macht.
Fotos / Text: Nico Roller